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Nero Claudius Caesar Drusus Germanicus

Herrschaft & Wirken II (Blut & Vergnügen)

Viele Menschen in Rom hatten sich gewundert, wie es Nero geschafft hatte Britannicus, den leiblichen Sohn des Claudius, in der väterlichen Gunst zu überrunden. Jetzt, nach der Machtübernahme war Britannicus immer noch ein ernst zunehmender Faktor in der Politik. Es überraschte daher niemanden, als Britannicus am 11. Februar 55 beim Abendessen zusammenbrach. Möglicherweise hatte man ihn vergiften lassen. Der Kaiser verkündete, Britannicus sei an einem epileptischen Anfall verstorben. Man liess die Leiche fortschaffen und am nächsten Tag in aller Stille verbrennen. Beweise für einen Mord - durch Nero, vielleicht aber auch Burrus - liessen sich nicht finden, aber Agrippina war über den Tod des Britannicus betroffen, da sie ihn quasi als „Reservekaiser“ betrachtete, falls Nero sich als unkontrollierbar erwiesen hätte.

Der Mord an Britannicus war der Beginn einer Blutspur, die sich nun langsam durch die kaiserliche Umgebung zu ziehen begann. Im Zentrum stand jedoch nie der Kaiser selbst, sondern immer Agrippina, die sich mit Seneca und Burrus überworfen hatte. Dieser hinter den Kulissen des Palastes ausgetragene Machtkampf sollte ein gewichtiger Faktor in der späteren negativen Beurteilung Neros werden.

Agrippina hatte unterdessen auch mit ihrem Sohn ihre Probleme. Seine Liebesbeziehung zur Sklavin Acte wurde von ihr ganz und gar nicht gutgeheissen und die ständigen Einmischungen in die Politik waren selbst Nero langsam zu wider. Als sie versuchte mehr Einfluss über die adligen Familien und Offiziere zu erlangen, entzog ihr der Kaiser die Ehrenwache, verbannte sie aus dem Palast in ihre eigene Villa und liess sie an keinen offiziellen Banketten mehr teilnehmen. Ab 55 n.Chr. begann Nero auf den kaiserlichen Münzen zu dominieren und ein Jahr später war das Portrait seiner Mutter endgültig aus dem Münzbild verschwunden.

Das angespannte Verhältnis wurde durch Neros Beziehung zur selbstbewussten Poppaea Sabina noch mehr strapaziert und Agrippina schien im Hintergrund weiterhin versucht zu haben Fäden zu ziehen. So sah der Kaiser keinen Anderen Ausweg, als seine umtriebig störende Mutter umbringen zu lassen. Der immer noch einflussreiche Seneca hatte ihn in diesem Vorhaben bestärkt und stellte im Nachhinein dem Senat das Verbrechen als Selbstmord dar. Mit der Deckung derselben, hatte er aber seiner eigenen Glaubwürdigkeit einen schweren Schlag versetzt.

Der Tat selbst häte während einer Bootsfahrt in der Bucht von Neapel als Schiffsunfall getarnt passieren sollen, doch Agrippina hatte Glück und besass eine Eigenschaft, die damals nicht weit verbreitet war: sie war eine ausgezeichnete Schwimmerin. So musste Nero schliesslich Marineinfanterie aus Misenum ausschicken um sie ins Jenseits zu befördern. Interessant bleibt die Tatsache, dass man von ihrem Tod kaum Notiz nahm. Durch ihre intriganten Machtspiele hatte sie es sich nicht nur mit den Senatoren sondern auch mit den Prätorianern und der Armee verscherzt.

Nun konnte sich Nero wieder seinen Vergnügungen widmen. Die antiken Schriftsteller warfen ihm dabei ziemlich alles vor, was ihnen so einfiel: Er zog mit ihnen durch die Bordelle und Tavernen, raubte Passanten aus, belästigte Frauen in dunklen Strassen und plünderte auf den Märkten. Dazu bezichtigte man ihn verheiratete Frauen und freigelassene junge Burschen sexuell belästigt zu haben.

Seine berühmten sexuellen Orgien mündeten in die sogenannten „Hochzeiten“ mit seinen homosexuellen Liebhabern namens Pythagoras und Sporus. Bei letzterem handelte es sich um einen Knaben, den er kastrieren hatte lassen. Man erzählte sich hinter vorgehaltener Hand, Nero habe bei Sporus den Ehemann und bei Pythagoras die Ehefrau gespielt. Inwiefern diese Angaben der Wahrheit entsprechen, kann heute nicht mehr gesagt werden. Sie sind allerdings garantiert übertrieben.

Leider fanden auch seine künstlerischen Ergüsse nicht überall Anklang. Die Liebe zur Musik brachte ihn dazu eigene Kompositionen mit der Lyra vorzutragen. Er engagierte - wie bereits erwähnt - Terpnus, den besten Lyraspieler seiner Zeit, als Musiklehrer. Lange Zeit war der kaiserliche Hof und sein Freundeskreis die einzige Bühne, wo er Auftritte wagte. Doch das änderte sich im Jahre 64, als er öffentlich auf eine Bühne in Neapel auftrat. Das Konzert stand unter keinem guten Stern. Kurz nach Neros Auftritt wurde das Theater von einem Erdbeben beschädigt und stürzte schliesslich ein.

Neros musikalische Fähigkeiten sind nach fast 2000 Jahren schwer zu bewerten. Sueton beschrieb seine Stimme als schwach und heiser. Cassio Dio bezeichnet sie als monoton und undeutlich. Es scheinen sich alle nur über den Gesang, aber nicht über die Verse selbst und das Lyraspiel beschwert zu haben. Es scheint, als beherrschte er das Instrument sehr gut und die Fähigkeit des Dichtens guter Verse war ebenfalls bekannt. Und auf anderen Gebieten erwies sich Nero ebenfalls als Kenner. Seneca billigte dem Kaiser ausgezeichnete Sachkenntnis über Malerei und Bildhauerei zu. Die unter seinen Anweisungen ausgegebenen Münzen (besonders in Bronze und Messing) erreichten eine bis zu diesem Zeitpunkt nie erreichte realistische Detailtreue.

Den Einwohnern Roms mutete er einen Auftritt schliesslich ein Jahr nach Neapel zu. Er zeigte sich im Gewand eines Schauspielers und trug ein Lied der Niobe vor. Daneben verkörperte er noch einige männliche und weibliche Rollen. Die Vorstellung dauerte bis spät in den Nachmittag und die Prätorianer mussten bei Fuss stehen um dem Kaiser die Leier nachzutragen. Die Reaktion der Menschen war geteilt, verkörperte doch die musische Richtung das Bild des aufgeklärten hellenistischen Herrschers, beileibe aber nicht das eines Regenten des römischen Erdkreises. Zumindest die Gäste aus dem Osten des Reiches dürften begeistert gewesen sein.

Neronisches Portrait
aus der Spätzeit,
das das Doppelkinn
mit einem Bart zu
kaschieren versucht
(c) e libro "Das antike Rom";
hic liber auctorem non nominat


Quellen: C.Scarre "Die römischen Kaiser", M.Grant "Die römischen Kaiser", O.Veh "Lexikon der römischen Kaiser"

 

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(PL)