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 GEOGRAFIE | ||
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 zurück zu den | Provinz Germania inferior Verwaltung Germania
          inferior war als Provinz seit Anbeginn ein Torso. Für Caesars Gallien
          bildete es einen Puffer und mit der Aufgabe der Expansionspläne war
          das langgezogene Gebiet endgültig Grenzland geworden. Das Gebiet
          hiess deshalb anfangs auch nicht Niedergermanien sondern war
          schlichtweg Teil von Gallien. Erst zu Beginn der Germanenkriege unter 
          Augustus (um 13 v.Chr.) entschied man sich für einen eigenen
          Kommandobereich und damit einen Okkupationszustand. Der Amtssitz der
          Militärverwaltung lag entweder in  Vetera (Xanten-Birten/D) oder im
          Legionslager apud aram uibiorum (beim Altar der Ubier; so der ursprüngliche
          Name Kölns). Auch
          
          Tiberius beliess das Land unter Militärverwaltung, wenn auch die
          Legaten nunmehr alle 3 bis 5 Jahre ausgetauscht wurden. Es waren
          konsularische  Legati Augusti pro praetore Exercitus Germanici
          inferioris. Man kannte bis etwa 82 auch nur ein Germanien. Ab dieser
          Zeit tauchten die ersten Inschriften auf, die von  Duae Germania (zwei
          Germanien) sprachen. So wird angenommen, dass  Germania inferior ca. um
          83/84 das Provinzialstatut erlangte welches Gerichtsbarkeit,
          Steuersystem und Verwaltung neu regelte. Die
          Amtsbezeichnung des Statthalters lautete nunmehr  Legatus Augustus pro
          praetore Germaniae inferioris. Als oberster Zivilbeamter residierte er
          in  Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln; Bezeichnung seit dem
          Jahre 50 üblich), auf Inschriften kurz  CCAA genannt. Der
          Statthalter befehligte auch die in der Provinz stationierten Legionen
          und Hilfstruppenkontingente.Ob allerdings
          schon Germanicus hier sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte, ist
          ungewiss. Der
          Legat war die oberste richterliche Instanz der Provinz und
          beaufsichtigte theoretisch alle Prozesse. In der Praxis beschränkte
          er sich auf wenige schwerwiegende Kriminal- und Zivilrechtsprozesse.
          Die niedere Gerichtsbarkeit wurde den Magistraten der Gemeinden übertragen.
          Da das römische Recht bereits sehr komplex war, stand dem Statthalter
          in diesen Fragen ein Stab von  Comites (Begleitern) zur Verfügung.
          Diese Männer wurden von ihm persönlich ausgewählt. Überlieferte
          Bezeichnungen sind  Adsessores (Beisitzer) und  Consiliarii (Berater). Jeder
          Statthalter war angehalten ein  Edictum zu erlassen, in dem
          festgehalten war wie Recht gesprochen werden sollte. Dies entsprach
          der Funktion des  Praetor Urbanus in Rom. Die gelebte Rechtspraxis sah
          folgendermassen aus: ein Nachfolger übernahm in der Regel die
          Entscheidungsgrundsätze seiner Vorgänger. Damit entstand die noch
          heute berühmte
          Kontinuität des römischen Rechtes. Der
          Gerichtsbarkeit ähnlich lag die oberste Polizeigewalt in den Händen
          des Statthalters. Diese Aufgabe umfasste die Aufrechterhaltung der öffentlichen
          Ordnung, die Sicherheit auf den Transitrouten, die Überwachung der
          Verwaltung sowie die Beaufsichtigung der öffentlichen Bauten. In
          dieser Funktion wurde er von sechs Liktoren mitsamt ihren Rutenbündeln
          begleitet. 
 Rest eines
          achtseitigen Meilensteins bei Tongeren Das
          officium (Kanzlei) des Statthalters umfasste etwa 200 Personen die
          sich aus Offizieren und Soldaten der Legionen rekrutierten. An der
          Spitze stand ein Centurio als  Princeps Praetorii (erster Mann des
          Hauptquartiers). Er wurde von einem  Adiutor Principis unterstützt.
          Die einzelnen Ressorts wurden von  Cornicularii (Stabssekretäre)
          verwaltet. Wie in der Provinz Obergermanien wird es drei reguläre
          Sekretäre gegeben haben. Zu ihnen gesellten sich drei  Commentarienses
          (eigentl. Protokollführer), die die Justizangelegenheiten regelten.
          Diesen standen  Speculatores (eigentl. Kundschafter) für
          Ermittlungsaufgaben zur Seite. Auch die  Frumentarii hatten
          polizeiliche Aufgaben (z.B. Kerker) zu erledigen. Mehr als 30 
          Beneficiarii Consularis fungierten als Marktaufsicht in den Städten
          und als Strassenpolizei. Der  Dispensator (Schatzmeister) war übrigens
          ein kaiserlicher Sklave. In
          den unteren Dienstgraden finden sich dann noch Spezialisten wie 
          Haruspices (Eingeweideschauer),  Victimarii (Opferdiener) und
          
          Interpretes (Dolmetscher). Die Masse aber waren gewöhnliche
          Kanzleibeamte wie  Librarii, Exacti und Exceptores. Zu
          seinem Schutz hatte der Statthalter nicht nur die sechs Liktoren,
          sondern auch eine eigene Leibgarde. Es gab die  Equites Singulares
          (beritten) und die  Pedites Singulares (zu Fuss). Ihre Stärke betrug
          jeweils 480 Mann. Sie wurden aus den Alen und Kohorten rekrutiert.
          Die Kommandanten waren ebenfalls lokale Centurionen, die wohl vom
          Statthalter persönlich ausgewählt wurden. Die
          Finanzverwaltung wurde von einem eigenen Procurator wahrgenommen, der
          dem Ritterstand angehörte und in Trier residierte. Sein Amtstitel
          lautete  Procurator Augusti procinciarum Belgicae et utriusque
          Germaniae. Damit ist klar, dass sein riesiger Amtsbezirk nicht nur die
          beiden Germanien, sondern auch die Gallia Belgica umfasste. Ihm
          zur Seite standen drei Subprocuratores, die jeweils für einen der
          drei genannten Provinzen zuständig waren. Die Hauptaufgabe lag in der
          Erhebung der direkten und indirekten Steuern. Erhoben wurden das 
          Tributum Soli (eine Grundsteuer im Ausmass eines Zehntels des
          Bodenertrags) und das  Tributum Capitis (eine Kopfsteuer). Die Höhe
          des Tributes ist leider nicht bekannt. Auch
          der Grossteil der indirekten Steuern floss durch die Hände des
          Procurators. Es gab u.a. die  Centesima rerum venalium (1%ige
          Umsatzsteuer), die  Vicesima quinta venalium macipiorum (5%ige
          Sklavenverkaufsabgabe) und die  Vicesima Libertatis (5%ige
          Freilassungssteuer). In  Lugdunum (Lyon/F) war eine eigene Behörde mit
          der Erhebung der 5%igen Erbschaftssteuer beschäftigt. Der langatmige
          Amtstitel des Chefs lautete:  Procurator XX Hereditatium per Gallias
          Lugdunensem et Belgicam et utramque Germaniam. Bei dieser Steuer kam
          also auch Gallia Lugdunensis noch zum Steuerbezirk hinzu.
          Schlussendlich wurden noch Binnenzölle erhoben. Wer die Grenze des
          gallisch-germanischen Zollbezirks überschritt hatte die  Quadragesima
          Galliarum (2,5%-Zoll) auf die mitgeführten Waren zu entrichten. Die Zölle
          wurden an  Conductores (private Pächter) vergeben. Ein gewisser Marcus
          Pompeius Potens ist auf diese Weise zu einem reichen Mann geworden. Grundlage
          für die meisten dieser Steuern war der Provinzialzensus. Dabei
          handelte es sich um die Schätzung des Vermögens der Personen. Die
          zeitlichen Abstände zur Abhaltung des Zensus variierten beträchtlich,
          doch zeigen die Werte in der Regel einen Abstand von 20 bis 30 Jahren.
          Für Niedergermanien ist der erste Zensus für das Jahr 27 v.Chr. überliefert.
          Weitere erfolgten unter Drusus 12 v.Chr., Germanicus 14 n.Chr.,  Nero
          61,  Domitian 83 und
           Trajan 110. Die Organisation des Zensus lag bis in
          die Zeit der  Adoptivkaiser in den Händen des Militärs. Erst unter
          
          Hadrian ist für Germania inferior ein eigener  Procurator ad Census
          accipiendos überliefert. Namentlich bekannt ist Quintus Domitius
          Marsianus, der unter Kaiser  Marcus Aurelius einen Zensus in Gallien,
          Belgien und Niedergermanien durchführte. Die Erhebungen mussten nicht
          unbedingt eine ganze Provinz umfassen, es konnten auch nur eine Anzahl
          von Regionen und Stammesgemeinden geschätzt werden. Provinzübergreifende
          Zensus gab es offenbar nicht. Zum
          Provinzialzensus kam noch der Stadtzensus, der alle fünf Jahre
          erstellt wurde. Er wurde in allen Städten des Reiches durchgeführt
          und bildete auch die Basis für den Provinzialzensus. Die Magistrate
          der Städte hafteten persönlich für die den Städten auferlegten
          Abgaben. Die  Duumviri quinquennales waren dafür verantwortlich und
          diese beiden Ämter waren hochangesehen. Ähnlich
          wie in Gallien war die Verwaltung der alten Stammesgebiete (Civitates)
          beibehalten
          worden. Eine Civitas umfasste in der Regel ein Gebiet in der Grösse
          eines deutschen Regierungsbezirks und besass einen Hauptort, der
          gesellschaftlicher, politischer, religiöser und wirtschaftlicher
          Mittelpunkt war. Die Bindung an Rom gestaltete sich dreierlei: 
 Die
          Grenzen der Stammesgebiete waren manchmal fliessend. Die Bataver etwa
          hatten eigentlich den Status  Peregrini Dediticii (Fremde, die nur der
          Gnade unterworfen waren) obwohl sie innerhalb der Reichsgrenzen
          wohnten. Auch zahlten sie keinen Tribut und wurden von einem Magistrat
          verwaltet. Diese
          politische Gliederung der Provinz hat sich erst im 1.Jh.n.Chr.
          herauskristallisiert und stand im Zusammenhang mit der Umwandlung vom
          Okkupationsgebiet in eine reguläre Provinz. Die Truppen wurden nun
          nicht mehr beliebig hin- und hergeschoben, sondern hatten fixe
          Frontabschnitte zu verteidigen. Sieht man von  Agrippina (Köln/D) und
          
          Traiana (Xanten/D) ab, so verblieb die unmittelbare Reichsgrenze in
          Militärbesitz. Der Rest konnte in Privat- bzw. Stadteigentum übergehen. Die
          Zahl der Civitates ist leider nicht bekannt, jedoch werden die grössten
          angesiedelten Stämme (Ubii, Tungri, Cugerni, Bastavi und Cannanefates)
          ihre eigenen Verwaltungsstrukturen gehabt haben. | 
 Tiberius,
          der massgeblich an der Sicherung des Grenzlandes beteiligt war,
          beliess das Land unter Militärverwaltung. | |
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